Gruppe 47 – Es war einmal …

Die Gruppe 47 ging als bekannteste westdeutsche Vereinigung von einflussreichen, auch politisch engagierten Autoren in die Literaturgeschichte ein. Ein loser Verbund von Individualisten, 1947 aus der Nachkriegssituation der „Flakhelfergeneration“ geboren, aus dem bewussten „Nie wieder!“, ohne Vereinsstatuten, Satzungen, Fördermittel, formale Mitgliedschaften, die sich an wechselnden Orten im In-, später auch im Ausland trafen. In späteren Jahren gesellten sich brillante Kritiker und ambitionierte Verleger sowie Redakteure von Hörspiel- und Literatursendungen dazu, auch Gäste… Wie konnte sie so lange Bestand haben?

Dieser utopischen „Wir-Gruppe“ um die Gründungs-, Freundes- und literaturpolitische Vaterfigur Hans Werner Richter (und seine Frau Toni) gelang es 20 Jahre lang, größte öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen – obwohl die Treffen, die allein von ihm einberufen und geleitet wurden, niemals öffentlich waren. Der von den Tagungsteilnehmern zugesprochene Preis der Gruppe 47 galt lange als der wichtigste Literaturpreis in der Bundesrepublik Deutschland. Er wurde verliehen an Günter Eich, Heinrich Böll, Ilse Aichinger, Ingeborg Bachmann, Adriaan Morriën, Martin Walser, Günter Grass, Johannes Bobrowski, Peter Bichsel. Beim offiziell letzten Treffen – in der Pulvermühle 1967 – ging er an Jürgen Becker. Die meisten der ausgezeichneten Autoren waren vorher unbekannt.

Immerhin gingen aus diesem Kreis drei Nobelpreisträger für Literatur hervor:

. 1972 Heinrich Böll

. 1999 Günter Grass

. 2019 Peter Handke

Über ihre Netzwerke in Literaturzeitschriften, Feuilletons und anderen kulturellen Medien, in denen manche von ihnen prominent auftraten, trugen sie wesentlich zum öffentlichen, auch politischen Bewusstsein der noch jungen Demokratie bei. Dass Spaltungen und „Cliquenbildungen“ im Inneren, Einzelgängertum derer, die es sich inzwischen leisten konnten und Angriffe von außen dieser amorphen Zellbildung irgendwann ein Ende bereiteten, war nur natürlich. Andere Künstlergruppen reagierten ebenfalls auf gesellschaftliche Tabus, Risse und Verwerfungen – je nach Sparte mit anderen Aktions- und Bewusstseinsformen. Außerparlamentarische Opposition (APO) und global vernetzte antiautoritäre „Studentenbewegung“ (Motto “Kultur ist Krampf im Klassenkampf“) sowie eher pop- und konsumorientierte junge Generationen erweiterten den entsprechenden Filmriss. Zudem zwang die schlichte soziale Not, in der viele Schriftsteller lebten, in den 70er Jahren zu einer mehr pragmatischen Interessen- und Solidaritätspolitik.

Diverse Nachzüglertreffen, Jubiläums- und Geburtstagsveranstaltungen versuchten immer mal wieder, aus der dennoch scheinbar unerschöpflichen Energiequelle Gruppe 47 neue Euphorie zu tanken und hielten zumindest den Mythos der Gruppe am Leben, unterstützt von Literaturportalen und Germanistikdepartments. In dieser Tradition sah sich das Waischenfelder Pulvermühlen-Jubiläum zur Gruppe 47 nicht. Immerhin lebten 2017 noch über 50 Dichter und Publizisten, die einst diesem Kreis angehörten und 18 von ihnen kamen zu dem Jubiläums- und Literaturwochenende als Gäste der Stadt Waischenfeld und der sie unterstützenden Sponsoren – ergänzt um 2 junge Gastautoren. Sie freuten sich aufeinander,  wollten lesen und Zeit für Gespräche haben (gerade auch mit jungen Leuten), Zeit nachzudenken, abzuwägen und zu erörtern „was bleibt?“ von den Erwartungen und Ansprüchen, die einst in der und durch die Gruppe 47 verkörpert wurden. Diejenigen, die absagen mussten – aus Alters- oder Termingründen zumeist – taten es fast alle mit Bedauern. „Was für eine schöne Idee, noch einmal zusammen zu kommen!“ „Welche Überraschung – nach so langer Zeit!“.

Die Gründungsphase vor 1947 beschreibt Reinhard Käsinger/Schloss Neubeuern anschaulich in seinem Beitrag „Es begann unter Apfelbäumen“ anlässlich der Neubeurer Kulturtage im September 2018.

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Die Gruppe 47 auf Wikipedia

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Autorenprofile – mit aktuellen Fotos vom Jubiläum

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Absagen mussten…

  • Augustin, Ernst 1927 München
  • Bachér, Ingrid 1930 Düsseldorf
  • Baring, Arnulf 1932 Berlin
  • Bichsel, Peter 1935 CH-Bellach bei Solothurn
  • Hamm, Peter 1937 Tutzing
  • Handke, Peter 1952 Paris
  • Harig, Ludwig 1927 Sulzbach/Saar
  • Hein, Christoph 1944 Berlin
  • Herburger, Günter 1932 Berlin
  • Jaeggi, Urs 1931 Berlin & Mexiko
  • Jens, Inge 1927 Tübingen
  • Karsunke,Yaak 1934 Berlin
  • Kluge, Alexander 1932 München
  • Köpf, Gerhard 1948 München
  • Koschel, Christine 1936 I-Rom
  • Krüger, Michael 1943 München
  • Kunert, Günter 1929 Kaisborstel
  • Lange, Hartmut 1937 Berlin
  • Lattmann, Dieter 1926   München
  • Nizon, Paul 1929 CH Kanton Bern
  • Röhl, Klaus Rainer 1928 Köln
  • Schädlich, Joachim H. 1935 Berlin
  • Schneider, Peter 1940 Berlin
  • Schreiber, Mathias 1943 Springe
  • Sigel, Kurt 1931 Frankfurt a.M.
  • Vesper, Guntram 1941 Göttingen
  • Wagenbach, Klaus 1930 Berlin
  • Walser, Martin 1927 Bodensee
  • Wellershoff, Dieter 1925 Köln
  • Wiegenstein, Roland H. 1926 Berlin
  • Wolf, Ror 1932 Mainz
  • Wolken, Karl Alfred, 1929 Rom
  • Zimmer, Dieter E. 1934 Berlin

Verstorben im Sommer 2017:

  • Joachim Kaiser
  • Tankred Dorst
  • Peter Härtling

… mit Bedauern

– über Ihre Einladung nach Waischenfeld habe ich mich sehr gefreut. Ich käme mit Vergnügen

– ich finde es eine prima Idee, und ich würde sehr gern kommen. Nur kann ich nicht… Sehr schade. Das wird für die Anwesenden eine spannende Begegnung.

– Die Pulvermühle damals, das war interessant und gut. Die Studentenunruhen…und plötzlich war da Kulturrevolution. Ich wäre gerne im Herbst bei dem Wiedersehen dabei, auch wenn ich schon alt bin.

– Aber was für eine Idee: ein “Wiedersehen der Gruppe 47”, fünfzig Jahre danach. Wie viele der damaligen Teilnehmer sind wohl noch am Leben – und dann auch noch fit? Mir fallen nur Tote ein… viel Glück für Deine Veranstaltung der Untoten; und alles Gute.

– Ihre schöne Einladung hat mich sehr gefreut. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken. Leider muss ich Ihnen aus gesundheitlichen Gründen absagen. Es tut mir wirklich sehr leid! Mit allen guten Wünschen

– Was für eine gute Idee, die alten (wahrlich alten!) Kohorten nochmals zusammen zu rufen! Ich stelle mir ein lustiges und rührendes Beisammensein vor, an dem ich leider nicht teilnehmen kann. Meine angeschlagene Gesundheit verbietet Reisen in diesem Umfang. So kann ich Ihnen und den in der Pulvermühle Versammelten nur meine herzlichen Grüße senden.

– Ich finde es besonders liebenswert, dass Sie die Gruppe 47 auf diese Weise ehren wollen. Ich wäre auch gern gekommen, bin aber zu der Zeit nicht in Deutschland.

– Was für eine schöne Idee! Klaus Wagenbach lässt sehr herzlich für die Einladung nach Waischenfeld danken. Gern wäre er gekommen, allerdings lässt sein Gesundheitszustand eine so anstrengende Reise nicht mehr zu.

Preisträger
1947 – 1967